Zum Welttoilettentag: Das stille Örtchen mit Diskussionspotenzial

Ein Text von Mareike Walther für die Arbeitsgruppe Sensibilisierung vom Antidiskriminierungsnetzwerk Braunschweig.

Am 19. November ist Welt-Toilettentag! Tatsächlich ist das ein Ding – eingerichtet vor dem Hintergrund, dass es weltweit mehr Aufmerksamkeit für mangelnde Sanitäranlagen und entsprechende Möglichkeiten für ausreichende Hygiene braucht, denn ein sauberes Klo kann Leben retten.

Wenn wir über Toiletten in Braunschweig sprechen, wird oft heiß und reißerisch diskutiert – wer darf wo und wann, für wie viel Geld auf welche Toilette und wie viele Toiletten brauchen wir an welcher Stelle? Verschiedenste Abteilungen der Stadtverwaltung beschäftigen sich regelmäßig mit diesen Fragen und es ist nicht immer einfach eine kreative Lösung zwischen gesetzlichen Vorgaben, den baulichen Gegebenheiten und dem tatsächlichen Bedarf von Braunschweigs Bürger*innen zu finden. Es geht um Gerechtigkeit, Hygiene, Schutzraum und Grundbedürfnisse.

„Ich bin da sehr pragmatisch – für mich steht die Sauberkeit an erster Stelle und nicht, wer die Toilette vor oder nach mir benutzt!“ (Gesundheitsplanerin Anke Scholz). Im Dienstgebäude des Sozialreferats sind die Toiletten seit einigen Monaten unabhängig für Menschen aller Geschlechter nutzbar. Die Entscheidung fiel schnell und einfach zumal die Gegebenheiten keinen großen Umbau erforderten. Leiter des Sozialreferates Rainer Schubert äußert sich dazu: „Eine überfällige, einfache Lösung, die auch noch die Schlange vor der Frauentoilette verkürzt.“ Die beiden Toilettenräume erlauben eine, bzw. zwei Personen pro Toilettenanlage. Die verändernde Maßnahme war entsprechend: Die Symbole für „männlich“ und „weiblich“ wurden überklebt – „WC“ heißt es nun nur noch. Zusätzlich hilft ein Piktogramm bei der Auswahl der Toilettenart – Urinal oder Sitztoilette. „Mir ist egal, was an der Tür steht – wenn die eine Toilette besetzt ist, nehme ich die andere“ (Mitarbeiterin des Sozialreferats).

Immer wieder wird aktuell nach der Möglichkeit Allgender-Toiletten oder auch Unisex-Toiletten gefragt. Queere Menschen fordern sie, um trans*- und intergeschlechtlichen Menschen die Möglichkeit zu geben, sicher und entspannt auf öffentliche Toiletten gehen zu können. Warum das nicht auf Männer- und Frauentoiletten geht? Es wird häufig davon berichtet, dass Menschen, die nicht hundertprozentig in das Raster männlich/weiblich passen, auf der öffentlichen Toilette angestarrt, zum Gehen aufgefordert oder verbal und physisch angegriffen werden. Zum anderen verbirgt sich in dem Vorhandensein von nur zwei Toilettenräumen ein strukturelles Problem: Dass es mehr als zwei Geschlechter gibt (biologisch und sozial) ist seit langer Zeit bewiesen. Dass Menschen außerhalb der Zweigeschlechtlichkeit jedoch selbstverständlicher Teil der Gesellschaft sind, ist nicht gegeben. Die dritte Toilette ist nur ein kleiner Teil im Prozess der strukturellen Anpassung. Es kann einen Beitrag dazu leisten, dass trans* Personen weniger Angst im öffentlichen Raum haben müssen. Es kann einen Beitrag dazu leisten, dass Eltern von intergeschlechtlichen Kindern von geschlechtsangleichenden Operationen an Neugeborenen Abstand nehmen, wenn sie sehen, dass die Struktur auch für ihr Kind Angebote bereithält.

Jedoch ist es nicht immer so einfach, diese Idee umzusetzen. Die Toilette ist nach wie vor auch ein Schutzraum für Frauen und Mädchen und soll dieses auch bleiben. Viele Gebäude, z.B. viele Schulen haben häufig nur einen Toilettentrakt für Jungen und einen für Mädchen. Einen dieser Trakte komplett umzuwidmenm, führt also zum Verlust dieses Schutzraumes.

Laut Niedersächsischer Bauordnung ist es für Neubauten seit Mai 2022 verpflichtend eine All-Gender-Toilette mit einzuplanen. Für Bestandsgebäude ist es nicht vorgesehen, aber man findet sie doch immer häufiger in verschiedensten Arten von Gebäuden, wie nun auch im Sozialreferat.

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