Im Sommer 2021 hat sich das Antidiskriminierungsnetzwerk Braunschweig gegründet. In verschiedenen Arbeitsgruppen arbeiten unterschiedlichste Menschen an einem gemeinsamen Ziel: Kein Mensch soll in Braunschweig Diskriminierung erleben müssen. Wir möchten in einer Reihe von Artikeln verschiedene Aspekte von Diskriminierung beleuchten und auch von positiven Beispielen aus der Stadt Braunschweig berichten.
Für viele Menschen ist klar, dass Sprache ein Werkzeug für Diskriminierung sein kann. Im Fokus steht häufig die gendergerechte Sprache. Dies ist durchaus ein wichtiges Thema, dennoch wollen wir hier noch einen anderen Aspekt beleuchten und zwar die Verständlichkeit.
Verschiedene Studien zeigen, dass es einen enormen Unterschied zwischen dem Sprachniveau der allgemeinen Bevölkerung und den angebotenen Informationen von z. B. Behörden gibt. Eine Befragung im Auftrag der Gesellschaft für deutsche Sprache e. V. zeigt, dass rund 86 % der Bevölkerung die schriftlichen Informationen von Verwaltungseinrichtungen nicht oder nicht ausreichend versteht . Die meisten von uns kennen das bestimmt auch aus eigener Erfahrung: Dieser Brief vom Amt oder das Antragsformular, bei denen wir kopfschüttelnd davor saßen und nicht weiter wussten.
Die LEO-Studie 2018 bestätigt die Situation: 6,2 Millionen Erwachsene im Alter zwischen 18 - 64 haben Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben. Die Gründe dafür sind so vielfältig wie die Menschen auch. Dieses Missverhältnis von „was können die Leute verstehen“ und „nicht verständlichen Informationen“ schränkt die Teilhabe in der Gesellschaft stark ein. Das ist eine Form von Ausgrenzung, von Diskriminierung.
Der Journalist und Sprachkritiker Wolf Schneider sagte dazu: „Beim Text muss sich einer quälen, der Absender oder der Empfänger. Besser ist, der Absender quält sich“. Und dabei muss es ja gar keine Qual sein, denn Abhilfe würde hier eine einfache Sprache schaffen. Eine Sprache, die sich an den Bedürfnissen der Menschen orientiert. In den letzten Jahren haben sich dazu zwei Konzepte entwickelt: die Leichte Sprache und die Einfache Sprache.
Leichte Sprache folgt festen Regeln und ist am leichtesten verständlich. Mit ihr erreichen wir möglichst viele Menschen. Zu den Regeln gehört z. B. der Verzicht auf Nebensätze und Fachwörter sowie der Einsatz von zusätzlichen Erklärungen und Beispielen. Die Einfache Sprache gestaltet sich ein wenig komplexer, hier sind z. B. Nebensätze auch erlaubt. Ziel beider Konzepte ist, dass möglichst viele Menschen einen barrierefreien und selbstständigen Zugang zu Informationen bekommen. In und um Braunschweig gibt es übrigens mehrere professionelle Anbieter, die Texte in Leichter oder Einfacher Sprache aufbereiten.
Wie einfach das Umsetzen dieses Gedanken gehen kann, zeigt ein aktuelles Beispiel aus Braunschweig: Im Sommer 2022 hat die Stadt Braunschweig den 1. Kommunalen Aktionsplan Inklusion veröffentlicht. Und neben der Version in Standard-Sprache, gibt es auch eine Version in Einfacher Sprache. So haben mehr Menschen Zugang zu diesen Informationen. Beide Dokumente finden sich übrigens auf der Internetseite der Stadt unter: www.braunschweig.de/leben/soziales/inklusion